Wir haben unseren Facharzt für Neurologie Wladimir Yoltukhivsky aus dem Medic-Center Schweinau anlässlich dem Tag gegen den Schlaganfall einige spannende Fragen zum Thema Schlaganfall gestellt.
Herr Yoltukhivsky, was passiert bei einem Schlaganfall?
Yoltukhivsky: „Schlaganfall“ ist ein Obergriff für eine Vielzahl von Erkrankungen, die eine Durchblutungsstörung des Gehirns verursachen. Ein Schlaganfall, auch Hirnschlag genannt, tritt auf, wenn die Blutversorgung zum Gehirn unterbrochen wird, entweder durch ein blockiertes Blutgefäß, den ischämischen Schlaganfall oder durch das Reißen eines Blutgefäßes, den hämorrhagischer Schlaganfall.
Der ischämische Schlaganfall tritt auf, wenn ein Blutgerinnsel ein Blutgefäß blockiert, das Blut zum Gehirn transportiert. Dies kann durch Arteriosklerose, also durch Ablagerung von Plaque in den Arterien, Blutgerinnsel aus anderen Teilen des Körpers oder Herzrhythmusstörungen wie Vorhofflimmern verursacht werden.
Beim hämorrhagischen Schlaganfall platzt ein Blutgefäß im Gehirn, was zu Blutungen führt. Ursachen können hoher Blutdruck, Gefäßanomalien oder die Einnahme von blutverdünnenden Medikamenten sein.
In beiden Fällen tritt eine Mangeldurchblutung betroffener Hirnareale auf die dafür sorgt, dass Sauerstoff und Nährstoffe nur unzureichend transportiert werden. Als Folgen treten unmittelbar bemerkbare Störungen und Ausfälle verschiedener Körperfunktionen auf. Zum Beispiel kann es zu Halbseitenlähmungen, Sprachstörungen oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen der Haut führen.
Bei einem ischämischen Schlaganfall zählt jede Sekunde, denn je länger die Versorgung unterbrochen wird, desto drastischer können die Folgen für den Patienten oder die Patientin sein. Und obwohl sich die Sterblichkeit bei Schlaganfällen in Deutschland innerhalb der letzten 25 Jahre beinahe halbiert hat, bleibt es doch eine häufige Behinderungs- und Todesursache.
Wer kann von einem Schlaganfall betroffen sein?
Yoltukhivsky: Jeden kann ein Schlaganfall treffen, vom Säugling bis ins hohe Alter. Rund jeder sechste bis siebte Schlaganfall trifft einen Menschen unter 55 Jahren, und 2,5% der Erwachsenen Menschen in Deutschland war bereits einmal im Leben davon betroffen.
Wie auch bei vielen anderen Erkrankungen, gibt es beim Schlaganfall begünstigende Risikofaktoren. Rund 80% der Schlaganfallpatient*innen litten vorher an Bluthochdruck, gut ein Viertel war zuvor an Diabetes mellitus erkrankt.
Aber auch Bewegungsmangel, Übergewicht, Rauchen, die Anti-Baby-Pille oder Schwangerschaft und Menopause können dazu beisteuern. Weltweit ist zu beobachten, dass Frauen mit 57% häufiger betroffen sind als Männer mit 43%.
Wie bemerkt man einen Schlaganfall? Und wie sollte man handeln?
Yoltukhivsky: Die häufigsten Symptome reichen von Seh-, Sprach- und Verständnisstörungen über Taubheitsgefühl, Schwindel, Lähmungen und starke Kopfschmerzen.
Ein gängiger Test aus dem englischsprachigen Raum ist der FAST-Test. Hierbei werden nacheinander die Regionen Face, Arms, und Speech, also Gesicht, Arme und Sprache überprüft um möglichst in Time, also zeitig, einen Schlaganfall zu erkennen und Hilfe anzufordern.
Während Sie auf den Rettungsdienst warten, lassen Sie die Person nicht allein, um gegebenenfalls Erste Hilfe zu leisten. Die stabile Seitenlage bietet sich bei Bewusstlosigkeit an und hilft, die Atemwege auch bei möglichen Lähmungen im Rachenraum freizuhalten. Ist der Patient/die Patientin wach, kann der Oberkörper etwas höher gelagert werden. Reichen Sie keine Getränke oder Medikamente im Falle einer Vorliegenden Schluckstörung und führen Sie bei einem Herz- oder Atemstillstand sofortige Wiederbelebungsmaßnahmen ein.
Grundsätzlich gilt: Zögern Sie nicht! Für eine effektive Behandlung des ischämischen Schlaganfalls, durch die systemische Thrombolyse oder auch genannt Auflösung des Blutgerinnsels haben die Neurologen im Krankenhaus nur wenige Stunden.
Wie laufen Diagnose und Therapie ab?
Yoltukhivsky: Bei Verdacht auf einen Schlaganfall ist eine schnelle Diagnose entscheidend. Zu den Diagnoseverfahren gehören die neurologische Untersuchung. Dabei untersucht der Arzt die Symptome und prüft die körperliche und geistige Funktion.
Außerdem gibt es das bildgebende Verfahren. Dazu gehören CT- und MRT-Scans, um Schäden im Gehirn zu identifizieren und die Art des Schlaganfalls zu bestimmen.
Und als letztes den Bluttest. Dieser kann helfen, den Blutzuckerspiegel, Elektrolytwerte und Gerinnungsparameter zu bestimmen.
Nicht immer kann eine sofortige Ursache für den Schlaganfall erkennbar sein, deswegen werden weitere ergänzende Untersuchungen wie ein Langzeit EKG, Langzeitblutdruckmessungen, Ultraschalluntersuchungen der hirnversorgenden Gefäße oder des Herzens und ausführliche Blutuntersuchungen durchgeführt.
In der Regel folgt nach der Behandlung in der Akutklinik eine ambulante oder stationäre Rehabilitation.
Die stationäre Reha ist verbreiteter. Hierfür kommen zwei mögliche Fachrichtungen in Frage: eine Rehabilitation in einer neurologischen oder geriatrischen Fachklink. Zu den Einheiten zählen Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie, Diätberatung und Neuropsychologie.
Die weniger verbreiteten ambulanten Rehabilitationszentren bieten den Vorteil, dass der Patient oder die Patientin abends und am Wochenende zuhause ist. Diese Form kommt jedoch nur in Frage, wenn die erkrankte Person in der Lage ist, sich selbst zu versorgen oder die Versorgung zu Hause durch Angehörige oder Pflegekräfte gewährleistet ist.
Ziel beider Formen der Rehabilitation ist es, die körperlichen Funktionen bestmöglich wiederherzustellen und Kompensationsstrategien auszuarbeiten, um den Lebensalltag wieder weitestgehend herzustellen oder auch bei einer notwendigen Änderung des Lebensstils unterstützend einzuwirken.
Eine Neurologische Reha ist für Erkrankte harte Arbeit und erfordert Fleiß, Willen und konsequentes Training.
Der diesjährige Tag des Schlaganfalls steht unter dem Motto „Ein Schlaganfall trifft nie einen Menschen allein“. Wie können Angehörige Schlaganfallpatient*innen unterstützen?
Yoltukhivsky: Angehörige sind wichtige Bezugsperson von erkrankten Menschen und können die Person aktiv unterstützen und einen positiven Einfluss auf den psychischen Zustand der zu behandelnden Person haben.
Während der Rehabilitation können sie über den Übungsplan informiert werden, um zu Hause gemeinsam weiter zu trainieren. Auch Ratschläge zur notwendigen Vorbereitung zu Hause, mögliche Therapeuten oder Selbsthilfegruppen, aber auch zu notwendigen Hilfsmitteln für die Anfangszeit zu Hause, wie Rollatoren oder Haltegriffe, können eingeholt werden. Üblicherweise werden die Familien der Betroffenen durch Sozialdienst des Krankenhauses in solchen organisatorischen Fragen umfassend unterstützt.
Ein aktives Leben und eine ausgewogene Ernährung wirken sich positiv auf die Genesung aus und wirken präventiv einem möglichen weiteren Schlaganfall entgegen. Angehörige können zum gemeinsamen Spazieren gehen oder kochen motivieren und den Lebensalltag somit positiv unterstützen.
Unterstützung findet sich in vielen verschiedenen Anlaufstellen. Beratung erhalten Sie beispielsweise bei den Pflegekassen, dem Bundesministerium für Gesundheit oder bei den deutschlandweiten Pflegestützpunkten. Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen (BAGSO) berät zu Themen wie „Pflege zu Hause“ und „Pflege im Heim“.
Selbstverständlich können Betroffene, aber auch Angehörige von Betroffen, Angebote wie Telefonseelsorge oder Psychologische Beratung und Therapie in Anspruch nehmen. Jeder darf und sollte sich helfen lassen, wenn Probleme auftauchen.
Wie kann man Schlaganfälle vorbeugen?
Yoltukhivsky: Schlaganfälle sind oft vermeidbar. Zu den präventiven Maßnahmen gehören eine gesunde Lebensweise mit einer ausgewogenen Ernährung, regelmäßiger Bewegung und Nichtrauchen.
Wichtig ist auch die regelmäßige Überprüfung und Kontrolle des Blutdrucks.
Risikofaktoren wie Diabetes, Herzkrankheiten und Vorhofflimmern sollten zudem behandelt werden, um das Schlaganfallrisiko zu verringern.
Bei einigen Personen können blutverdünnende Medikamente oder Medikamente zur Senkung des Cholesterinspiegels das Schlaganfallrisiko senken.
Ein Schlaganfall kann lebensverändernd sein, aber eine frühzeitige Erkennung, Behandlung und Prävention sind entscheidend, um das Risiko zu minimieren und die Folgen zu mindern.
Wie viele Menschen haben einen Schlaganfall und wer ist betroffen?
Jedes Jahr erleiden rund 200.000 Menschen in Deutschland einen Hirnschlag. Betroffen sind besonders ältere Menschen, die durch Krankheit oder falsches Konsumverhalten bereits vorbelastet sind, sowie genetisch vorbelastete Menschen.
Aber auch ungeborene Kinder im Mutterleib können schon einen Hirnschlag erleiden. Der Grund hierfür ist, dass die Hirnreifung noch nicht abgeschlossen ist. Diesen Hirnschlag bemerkt man aber meist erst nach Monaten oder Jahren.
Außerdem sind ca. 40 von 100 Menschen, die bereits einen Hirnschlag überstanden haben, gefährdet innerhalb von zehn Jahren einen weiteren zu bekommen. Zudem ist das Risiko für einen Herzinfarkt stark erhöht.
Was passiert bei einem Schlaganfall?
Der Schlaganfall ist eine plötzliche Durchblutungsstörung im Gehirn und hat zur Folge, dass die Gehirnzellen zu wenig Sauerstoff und Nährstoffe erhalten, wodurch sie absterben.
Was sind die Folgen eines Schlaganfalls?
Bei rascher Behandlung nach einem Schlaganfall ist es möglich, dass sich entstandene Ausfälle wieder zurückbilden.
Leider können diese Schäden aber auch dauerhaft bestehen bleiben. Ein schwerer Schlaganfall kann am Ende auch zum Tod führen.
Welche Symptome hat ein Schlaganfall?
Die Schlaganfall-Symptome sind sehr individuell und hängen von den betroffenen Hirnregionen und dem Grad des Hirnschlags ab.
Wenn der Schlaganfall in der rechten Hirnhälfte ausgelöst wird, ist zum Beispiel die linke Körperseite betroffen. Ist der Patient vollständig gelähmt, spricht das für einen Schlaganfall im Hirnstamm.
Folgendes gehört zu den häufigsten Schlaganfall-Symptomen:
Welche Ursachen gibt es für einen Schlaganfall?
Hirninfarkt:
Hirnblutung:
Was sind die Folgen eines Schlaganfalls?
Besonders schwerwiegende Folgen kann ein ischämischer Schlaganfall im Hirnstamm haben (Hirnstamminfarkt). Im Hirnstamm befinden sich lebenswichtige Gehirnzentren, die für die Steuerung der Atmung des Kreislaufs und des Bewusstseins zuständig sind. Ein besonders schlimmer Verlauf des Hirnstamminfarkts, kann zu einer vollständigen Lähmung aller Extremitäten, zum Koma und zum Tod führen.
Was begünstigt einen Schlaganfall zu bekommen?
Was kann ich als Außenstehender bei einem Schlaganfall tun?
Bei einem Schlaganfall ist es wichtig, schnell zu Handeln. Bereits beim bloßen Verdacht sollten Sie bereits den Notarzt rufen (Tel. 112)!
Wie Sie einen Schlaganfall durch den sogenannten FAST-Test erkennen, erklären wir Ihnen hier:
Was passiert nach einem Schlaganfall?
Im Krankenhaus wird durch einen neurologischen Facharzt eine entsprechende Untersuchungen durchgeführt. Dabei prüft er zum Beispiel Reflexe, Koordination, Sehkraft, Sprache und Berührungsempfinden des Patienten. Meist wird zudem eine Computertomographie (CT) des Kopfes gemacht und mit einer Gefäßdarstellung und Durchblutungsmessung ergänzt, um mögliche Gefäßverschlüsse oder Hirnblutungen zu erkennen. Außerdem werden Lage und Ausdehnung des Schlaganfalls festgestellt.
Behandlung bei Hirninfarkt
Die meisten Hirninfarkte entstehen durch ein Blutgerinnsel, das ein Hirngefäß verstopft. Um die Durchblutung der betreffenden Hirnareale wiederherzustellen, müssen die verstopften Hirngefäße so schnell wie möglich beseitigt werden. Dies geschieht meist durch eine Infusion mit dem Wirkstoff rtPA (Lyse-Therapie), welches ein Enzym im Körper aktiviert, dass das Blutgerinnsel abbaut. Je früher mit dieser Therapie begonnen wird (bis 4,5 Stunden nach dem Schlaganfall), desto höher sind die Chancen auf Heilung.
In wenigen Fällen, wie zum Beispiel einem Hirnstamminfarkt, wird eine lokale Lyse durchgeführt. Dabei wird ein Katheter über eine Arterie bis zum Gehirnverschluss vorgeschoben und ein auflösendes Medikament injiziert.
Eine weitere Form der Schlaganfall-Behandlung ist die mechanische Beseitigung eines Blutgerinnsels. Bei der sogenannten Thrombektomie wird nach einem Schlaganfall schnellstmöglich und unter Röntgenkontrolle ein dünner Katheter über die Arterie in der Leiste bis zum Gerinnsel im Gehirn vorgeschoben, welches dann mit feinen Instrumenten entfernt wird.
Behandlung bei Hirnblutung
Bei einer kleineren Hirnblutung, reicht meist eine herkömmliche Schlaganfall-Behandlung aus. Dazu gehören Bettruhe und die Vermeidung von Aktivitäten, die den Druck im Kopf ansteigen lassen, z.B. zu starkes Pressen beim Stuhlgang. Patienten erhalten deshalb meist ein Abführmittel nach einer Hirnblutung.
Außerdem ist es sehr wichtig, den Blutdruck zu überwachen und bei Bedarf zu behandeln. Ein zu hoher Druck verstärkt nämlich die Blutung, ein zu niedriger könnte zur Mangeldurchblutung von Hirngewebe führen.
Eine Operation einer Hirnblutung ist nur dann notwendig, wenn diese nicht von allein stoppt. Weitere Faktoren sind die Lage und Größe Blutung, das Alter des Patienten und sein Allgemeinzustand sowie Begleiterkrankungen. Bei dieser Operation wird der Schädel eröffnet, der Bluterguss entfernt und Blutungsquellen verschlossen.
Welche Komplikationen können nach einem Schlaganfall auftreten?
Wie sieht die Reha nach einem Schlaganfall aus?
Die Reha nach dem Schlaganfall dient dazu, dass Patienten ihr altes soziales und gegebenenfalls berufliches Leben zurück zu gewinnen und erlernen den Alltag so gut wie möglich zu bewältigen. Durch geeignete Trainingsmethoden wird versucht, Funktionseinschränkungen wie Lähmungen, Sprach- und Sprechstörungen oder Sehstörungen zu verringern.
Die Reha nach einem Schlaganfall beginnt meist stationär in einer Reha-Klinik. Hier erhält der Patient ein individuelles Behandlungskonzept und wird vom Reha-Team betreut.
Wenn keine interdisziplinäre Betreuung mehr nötig ist, der Patient aber in bestimmten Bereichen immer noch körperliche Funktionseinschränkungen aufweist, hilft eine ambulante Rehabilitation weiter.
Diese Arten von Rehabilitationen gibt es: